Emotionen

Am Utkiek nichts neues, immer noch dunkel (der viertelstündige Tagesgewinn im Vergleich zur letzten Woche wurde durch den wolkenverhangenen Himmel wieder aufgezehrt) und wir waren nur zu zweit. Nichts berichtenswertes also.

Das ist ein willkommener Anlaß meine bislang recht stiefmütterliche Rubrik „Gedankenwelten – Themen abseits vom Laufen“ mal wieder zum Leben zu erwecken.

Christian griff vor ungefähr drei Wochen in einem Post das Thema Flüchtlinge auf. An diesem Punkt möchte ich heute anknüpfen.

Seit geraumer Zeit ist das Thema Flüchtlinge auch mein berufliches Thema. Konkreter gesagt das Thema Unterbringung. In meiner Heimatstadt ist es politischer Wille Flüchtlinge dezentral, sprich in Wohnungen und Häusern unterzubringen. Genau das ist mein Aufgabengebiet. Bis dato habe ich u. a. die gesamte vertragliche Abwicklungen entsprechender Anmietungen durchgeführt. Auf diesem Wege ist es gelungen Hunderten von Flüchtlingen eigenen Wohnraum zuweisen zu können.

Und das hat nur Vorteile:  Integration gelingt am besten, wenn sich die Flüchtlinge nicht an wenigen Punkten konzentrieren, die Flüchtlinge selber sind glücklich nach teilweise sehr langer Zeit einen eigenen Bereich mit Intimsphäre für sich zu haben und schlußendlich ist es sogar eine vergleichsweise „kostengünstige“ Unterbringung.

Allerdings ist diese Arbeit eine Sisyphusarbeit, an der ich mich (ja, ich muß das leider mal so sagen) nahezu totmalocht habe. Die Flüchtlingszahlen sind aber so dramatisch gestiegen, dass trotz all dieser Arbeit,  trotz all dieser Bemühungen eine dezentrale Untebringung aller nicht möglich ist und es leider absolut keine Alternative zu  Massenquartieren gibt.

Seit drei Wochen nun habe ich die Organisationseinheit gewechselt (freiwillig auf meine Bewerbung hin) und bin nun direkt für die dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen zuständigt. Zu meinem Kollegen, den ich nun vestärke, und mir kommen tagtäglich Menschen und beantragen nach langer Flucht und teilweise monatelanger Unterbringung in Kasernen, Turnhallen und Zelten in einer Wohnung/in einem Haus untergebracht zu werden.

Wie schon erwähnt, ist der Bedarf leider erheblich größer als die Anzahl an zur Verfügung stehenden Wohnungen und Häusern. Und so gilt es jeden Tag Menschen teilweise wochen- und monatelang zu vertrösten, die sich Tag für Tag und Nacht für Nacht in Großunterkünften mit Hunderten von anderen Menschen arrangieren müssen.

Ich hatte am gestrigen Tag erstmals die Gelegenheit eine solche Unterkunft in einer großen Gewerbehalle zu besuchen. Dort leben Familien oder sich bis dato fremde Einzelpersonen in „Boxen“, in nur aus Pressspanplatten abgetrennten Verschlägen, deren Türen nur Vorhänge sind. Diese Boxen haben kein eigenes Licht, keine Steckdosen. Geht in der Halle das Licht aus, bleibt nur die Taschenlampe. Toiletten und Duschen befinden sich in Containern vor dieser Halle und sind mittlerweile glücklicher Weise über Spannplattenüberdachungen trockenen Fußes zu erreichen. Es sei denn, man hat nur noch Platz in dem zusätzlich aufgestellten Großzelt gefunden, die dürftigste aller Unterbringungsmöglichkeiten, dann führt der nächtliche Weg zur Toilette unter dem Sternenhimmel entlang oder durch den Regen oder durch den Schnee, je nach dem wie das Wetter gerade ist.

Die „Betten“ in den erwähnten Boxen bestehen aus Matratzen, die auf Paletten gelegt werden, weil es nicht mal mehr gelingt genügend Bettgestelle zu beschaffen. Inzwischen gehen sogar die Spinde aus. Und dies ist kein Unvermögen sondern schlicht und ergreifend erschöpften Kapazitäten geschuldet!

Wenn man das live sieht, dann kämpft man mit den Tränen. Das tut man um so mehr, wenn man erlebt, dass es einer einzigen engagierten Sozialarbeiterin gelingt unter über 240 Menschen ein friedliches Miteinander in Form einer Art Dorfgemeinschaft zu organisieren.

Das zu erleben, bestärkt mich in meinem Handeln. Jede Familie, jede Handvoll alleinreisender Männer oder Frauen, denen wir eigenen Wohnraum zuweisen können, sind ein Erfolg. Auch wenn wir oft genug die Schultern zucken müssen, in den Fällen wo wir diese Menschen aus den Notunterkünften und Aufnahmelagern herausnehmen können, erleben wir strahlende Gesichter, glänzende Augen und teilweise unglaubliche Dankbarkeit.

Da verliert die eigene Mühsal an Bedeutung, man fühlt sich bestärkt in dem was man tut und sammelt neue Kräfte.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit aber auch einmal darstellen, dass Flüchtlinge nichts anderes sind als ganz normale Menschen. Menschen mit Stärken und Schwächen. Menschen, die genauso dankbar und undankbar, genauso freundlich und unfreundlich, genauso anspruchsvoll und bescheiden, genauso liebswert und nervig sind, wie wir Deutschen, wie wir Europäer auch.

Es sind aber Menschen, die vor Krieg, Verfolgung und Terror geflohen sind. Die die Hoffnung auf ein Leben in Frieden in einer besseren Welt aus ihrer Heimat getrieben hat und nun vielfach in Notunterkünften gestrandet sind.

Die bereits erwähnte Sozialarbeiterin, die für ihr vertraglich befristetes Tun in meinen Augen das Bundesverdienstkreuz verdient hat,  deutete auf das Essen, das die Flüchtlinge bekommen (gutes, aber eben auch sehr deutsches Essen) und sagte: Da liegt das „Heimweh auf der Zunge“. Ein bezeichnender Satz. Niemand verläßt leichtfertig seine Heimat!

Wer nun glaubt, dass die Masse dieser Flüchtlinge, ihr Leben aufs Spiel setzend, um in nicht seetüchtigen Schlauchbooten, wohlwissend, dass sie nicht schwimmen können, oder in wochenlanger strapazöser Flucht zu Fuß mit Kind und Kegel Hunderte von Kilometern im Winter über den Balkon ziehend, nach Deutschland kommen, nur um Wohlstand und Reichtum einzukassieren, der irrt gewaltig!

Deutschland kann nicht die Probleme dieser Welt im eigenen Land lösen, aber einfach die Grenzen dichtmachen: Nein, das ist kein Alternative. Ich weiß wirklich nicht den Königsweg, aber laßt uns versuchen, den Menschen die hier sind menschlich zu begegnen. Die allergrößte Zahl von ihnen ist dankbar und hat es verdient.

 P.S.: Ich habe Bilder dieser Boxen in der Notunterkunft gemacht. Aber ich möchte diese nicht zeigen. Das Fernsehen ist schon zu voll von solchen Bildern,  die Worte müssen diesmal, bei diesem Thema als Ausdrucksmittel reichen.

50 qm Glück

Groß ist er wirklich nicht, der Garten unseres Reihenmittelhauses, aber er ist trotzdem oder gerade deshalb eine Oase für uns. Ein direkter Ort der Erholung, sobald man die Terrasse betritt. Gibt es etwas schöneres als draußen sein Frühstück geniessen zu können oder laue Sommernächte mit einem Glas Wein oder einem erfrischenden Bierchen zu zelebrieren?

Über Tag einfach mal zu schauen, wie sich eine Libelle in der Spitze des Weidenkorbes sonnt, wie sie immer mal wieder kurz auffliegt um sich sofort wieder an die gleiche Stelle zu setzen, umflattert von Schmetterlingen. Währenddessen nimmt eine Kohlmeise im kleinen Tontöpfchen ein Bad. Zeitgleich hüpft eine Amsel über den Rasen.

Zum Abend ziehen die Schwalben am Himmel, gleich mehrere, die beweisen, dass nun doch Sommer ist. Kurz vor dem Dunkelwerden flattern die Fledermäuse schnell und geräuschlos über unseren Köpfen. Oft gesellt sich auch ein Rotkehlchen in unseren Garten, ebenso wie der Igel, der raschelnd durch die Beete zieht und den Schnecken etwas Einhalt gebietet. Beim Blumengießen erschrickt uns des öfteren ein Frosch, der vor der Dusche flieht und aus den Blumenkübeln hüpft. In den nahen Tannen flitzt ein Eichhörnchen und klaut den lästigen Tauben hoffentlich die Eier aus dem Nest, genauso wie der schöne Eichelhäher.

Bei all der Vielfalt, die sich in und um unseren kleinen Garten tummelt, romantisiere ich mich schon mal gerne in die Tierwelt hinein. Wie schön müßte es doch sein, als Vogel über den Dingen zu schweben, ohne Verständnis für die menschlichen Sorgen und Nöte. Wie Eichhörnchen und Igel ihr Tagwerk verrichten, ohne Streben nach materiellen Dingen, ohne Misskunst und Neid.

An diesen Tagen und Abenden im Garten möchte ich eins sein mit der Flora und Fauna, blende die Gedanken aus, an den Job, an das Fahrrad, das noch geputzt, die Rechnung, die noch bezahlt werden will. Da braucht es auch mal keine Laufschuhe um glücklich zu sein. Die Gedanken um das soziale Gefüge der Menschen sind weit weg. Wenn die Natur von allen meinen Sinnen Besitz ergreift, spielt es keine Rolle wer ich bin, welchen Status ich habe. Ich muß mir keine Gedanken machen, mit wem und wie ich kommuniziere. Trete ich einem Vogel zu nahe, fliegt er weg und ist wenige Zeit später wieder da. Er nimmt nichts persönlich. Kein Igel erwartet von mir, in einer bestimmten Zeit dieses oder jenes zu tun.

Es sind diese unbezahlbaren Momente, die mich Kraft schöpfen lassen, die mich erden und mich gestärkt zurück entlassen, in die „unsere“ Welt. Dann freue ich mich auf das Zusammentreffen mit lieben Menschen, auf gute Gespräche, ein Essen, einen Lauf mit Freunden. Und der ganze „Rest“ läßt sich auch wieder ertragen. Bis zur nächsten Gelegenheit wieder in unseren Garten einzutauchen oder ins Moor zuspazieren oder mal wieder in den Wald zu fahren…

Wo der Wille Berge versetzt…

… muß sogar der Tod ein paar Tage warten.

Der große Wunsch meiner Schwägerin ist es gewesen, dieses Weihnachten noch zu erleben. Mit der Willenskraft, die sie durch die letzten zweieinhalb Jahre ihrer Krankheit getragen hat, ist es ihr gelungen. So konnte das kleine Weihnachtswunder geschehen, dass sie mit ihren fünf Söhnen, deren Ehefrauen bzw. Freundinnen und den Enkelkindern den Heiligen Abend verbringen konnte. Die Bescherung fand bei ihr im Zimmer statt.

Jetzt nachdem sie dieses Ziel erreicht hat und die Bürde der Krankheit schon lange viel zu groß war, durfte und konnte sie loslassen.

26.12.13 1

Auf Wiedersehen, liebe Anke, in einer besseren Welt.

Die Brücke

Einer meiner Lieblingsplätze ist eine Stufe zur Tür eines kleinen, schäbigen Technikgebäudes an der Hunte.

12.06.13 me1

Was diesen Ort so besonders macht, ist diese Aussicht …

12.06.13 Weitblick

… verbunden mit herrlicher Ruhe. Hier kann ich den Blick schweifen, die Seele baumeln lassen und meinen Gedanken nachhängen. Heute gingen meine Gedanken zu der Huntebrücke der A 29, die von dem Ort aus in einigen Kilometern Entfernung zu sehen ist. Ruhig und friedlich wie die ganze Umgebung liegt sie da. Auf diese Entfernung sehe ich nur die Lkw`s, die über die Brücke fahren, zu hören sind sie nicht. Nichts stört die Harmonie des Moments.

Wie anders ist die Wahrnehmung wenn ich die Brücke als Autofahrer benutze. Im Alltag schwindet der Blick für die Natur, er fokusiert sich auf den Verkehr. Vielleicht ärgere ich mich über irgendeinen, trotteligen Autofahrer, vielleicht stehe ich unter Termindruck und trete kräftig aufs Gas. Die Brücke ist nichts als ein Stück Autobahn. Funktionales Teilstück in unserer hektischen Welt.

Wieder eine andere Wahrnehmung ist es, wenn ich nach längerer Abwesenheit, aus dem Urlaub z. B., wieder nach hause fahre. Dann blicke von der Brücke aus dem Auto über das weite Heimatland, verbunden mit der Vorfreude in nur noch drei, vier Minuten später wieder zuhause zu sein.

Steht das Auto vor der Haustür und schlüpfe ich in die Laufschuhe, führen mich meine Laufstrecken nahezu immer an, unter oder in die Nähe der Brücke. Wieder ändert sich die Wahrnehmung, der Verkehr lärmt, ich höre das typische „Klongklong“ wenn die Autos und Lkw`s über die Abdeckplatten der Dehnungsfugen fahren. Benutze ich den Fußweg unter der Brücke, spüre ich wie die Brücke durch die Lkw`s zittert, wie sie lebt. Der Ausblick von ihr ist wunderbar.

Quäle ich mich auf meiner Laufstrecke an der Hunte geben den Wind, gibt sie mir, sobald ich in ihre Nähe komme, für eine kurze Zeit Windschutz und macht das Laufen für den Moment locker und leicht. Sie fordert mich, wenn ich die Treppe hochwetze und bietet mir im bescheidenen Umfang die Möglichkeit über die Rampen ein paar Höhenmeter zu laufen.

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Die Brücke ist für mich Trainingsgerät und Ausflugsziel, sie ist für mich das automobile Tor zu Welt, sie ist das Symbol für das Nachhausekommen. Sie weckt Fernweh und nährt die Heimatgefühle. Sie ist aus hässlichem, grauen Beton, von Graffitis ver(un-)ziert.  Sie ist ästhetisch.

Was für vielfältige Gedanken zu der in einiger Entfernung friedlich daliegenden Brücke. Ich rappel mich auf von diesem schönen Platz, radel nach hause. Wenn der Nacken ruhig bleibt, gehe ich morgen, nein heute, wieder laufen. Egal welche Strecke ich da laufe, die Brücke wird in irgendeiner Form wieder dabei sein.

Frohe Weihnachten!

22.12.12 Frohe WeihnachtenEuch allen und Euren Familien ruhige und besinnliche Tage.

Ich wünsche Euch

Zeit für innere Einkehr (so gewünscht ;-)), Zeit für gute Gespräche, Zeit für einander, Zeit für Euch selber, Zeit für gutes Essen,  Zeit für alles was sonst zu kurz kommt.

Bitte vermeidet es zwei Begriffe miteinander zu verbinden, die nicht zusammengehören. Weihnachten und Stress.

 Laßt es Euch gut gehen!

 

Der Nächste bitte!

Das ich in den vergangenen Monaten mit Problemen zu kämpfen hatte, ist hinlänglich bekannt. Das ich damit nicht alleine stehe auf dieser Welt war mir schon klar. Nun verfolge ich ja eine noch recht überschaubare Anzahl von Laufblogs und schon in zwei weiteren lese ich von Problemen zumindest ähnlicher Art. Das ist schon eine recht hohe „Dichte“.

„Streß“ und „Burn out“ sind schon zu Schlagworten unserer Zeit geworden. Auch wenn das nicht konkret meine Problematik gewesen ist, sehe ich mit zunehmenden Unbehagen wie wir scheinbar dabei sind uns sehenden Auges zu Grunde zu richten. Immer mehr Arbeitsverdichtung, immer schneller getaktet, bis auf die letzte Sekunde durchcontrollt. Wir sprechen von „human resoures“, welch schrecklicher Ausdruck.

Steigerung des Wachstums, immer mehr, immer höher, immer schneller, immer weiter. Wer nicht vorne ist verliert. So hetzen wir durch diese Welt. Getrieben von Ehrgeiz und/oder der Furcht zurückzufallen.

Wir Deutschen sind da mal wieder extremer als fast alle anderen Völker der Welt. Über Jahrzehnte haben wir uns in diesem Land einen Wohlstand erackert, der es uns durchaus erlauben würde mal einen Gang zurückzuschalten um diesen hohen Lebensstandard auch mal zu geniessen. Es geht auch garnicht darum, die Füße hochzulegen, sondern lediglich darum etwas den Druck vom Kessel zu nehmen. Aber nein, es wird malocht für den SUV vor der Tür, für den Reitunterricht der lieben Kleinen, für das Haus und für die Kreuzfahrt auf der Aida.

Wir können uns alles leisten, aber haben keine Zeit mehr füreinander. Die Kinder erhalten statt Zuwendung und Zeit Klamotten von Esprit und I-Phones. Wir wollen alles jetzt und sofort, können auf nichts warten, Vorfreude ist Zeitverschwendung.

Wir sind der Meinung, dass man uns im Ausland bewundert. Stimmt das wirklich? Oder schüttelt man vielleicht schon den Kopf? Am deutschen Wesen soll die Welt genesen. Dabei ist unserer eigenes Wesen längst krank.

Selbst im angeblichen Elfenbeinturm des öffentlichen Dienst geht es nur noch um den Treppenmarathon.

Ganz nebenbei soll die Lebensarbeitszeit erhöht werden. In einem gemütlichen Arbeitstempo mag das funktionieren, aber nicht so wie es heute zugeht in der Arbeitswelt. Ein 50 Jahre alter Lanz-Bulldog tuckert auch noch in weiteren 50 Jahren. Ein immer auf Hochtouren gefahrender Porsche dürfte das wohl kaum schaffen. Das Niedriglöhner und Leiharbeiter trotz massiver Malocherei kaum von ihrem Einkommen leben können ist noch ein ganz anderes Thema.

So braucht es uns nicht zu wundern, wenn wir umfallen wie die Fliegen. Psychologen und Therapeuten sind ausgelastet und überlastet. Hier in Oldenburg mußte ein Psychotherapeut einer guten Bekannten von mir die Termine absagen, weil er an Burn out erkrankt war. Wenn schon die Fachleute am Stock gehen, was soll man dann von uns erwarten?

Dabei sind wir Opfer und Täter zugleich, werden getrieben und treiben. Lassen uns im Job unter Dauerdruck setzten, machen uns Freizeitstreß. Aber wenn wir im Supermarkt an der Kasse oder im Amt mal fünf Minuten warten müssen, sind wir stinksauer und geben es an die entsprechenden Menschen gleich weiter.

Die einstige Servicewüste Deutschland hat sich längst zum Service-Overkill entwickelt. Nach Qualität fragt da keiner…

Manchmal sollten wir mal über unseren Tellerrand hinausschauen. In anderen Ländern ist das durchaus entspannter. Und die leben auch nicht alle in Sack und Asche.

Können wir selber was ändern? Sicher nicht alles, schließlich können wir uns mancher Fremdsteuerung nicht entziehen, aber jeder kann sich arbeiten! Ob uns eine Trendumkehr gelingt?

Herbst – Deine verschiedenen Gesichter

Gerade mal eineinhalb Wochen ist es her, wo der Herbst noch mit großer sommerlicher Wärme überraschte. Zwischenzeitlich hat er nahezu alle Register seines Könnens gezeigt.

Ein erster kuzer Sturm brachte ganz bei mir in der Nähe eine mächtige 150-jährige Eiche zu Fall, die mit noch voller Krone im regendurchweichten Boden den Böen nicht trotzen konnte. Es hat viel geregnet in den letzten Tagen.

Die Bornhorster Wiesen, im Sommer Grün- und Weideland, beginnen sich wieder langsam in eine Seenlandschaft zu verwandeln. Bis ins Frühjahr werden sie wieder abertausenden von Vögeln Rückzugsgebiet sein.

Ein erster zarter Frost frühmorgens überraschte Anfang der Woche, während es sonst überwiegend mild aber halt sehr naß gewesen ist.

Heute wiederum strahlender Sonnenschein. So beendete ich heute meinen Dienst, in dem ich direkt vom Büro aus mit dem Fahrrad zu einer kurzen Tour aufgebrochen bin, um die Sonne zu geniessen, nocheinmal die Hosenbeine beim Radeln hochzukrempeln, den Blick über das weite Land schweifen zu lassen, sich das Gesicht von den Sonnenstrahlen wärmen zu lassen und in der viel zu warmen Jacke mächtig zu schwitzen.

Über Tag hatte ich einmal am Computer die Sonnenaufgangs- und untergangszeiten für Oldenburg nachgeschaut, ungefähr sieben Stunden fehlen uns nun schon zum längsten Tag des Jahres. Somit nähern wir uns immer mehr der Zeit um es sich bei Kerzenschein, heißen dampfenden Tee und einem guten Buch (oder doch eher am Computer 😉 ) gemütlich zu machen. Natürlich aber erst nachdem wir unsere Laufrunde absolviert haben!

Und wieder kam mir ein Lied in den Sinn, das so wunderbar die Herbststimmung wiedergibt. Es ist auch wieder ein plattdeutsches Stück. Ich verzichte diesmal auf die Übersetzung und hoffe das es jeder versteht. Wenn nicht, leiste ich allerdings gerne Übersetzungshilfe.

Etwas Geduld, der Titel startet erst nach zehn Sekunden.

Macht es Euch gemütlich 🙂

Ick drink op di, mien flachet Land…

… dieses wünderschöne plattdeutsche Lied der Gruppe Butendieks kam mir in den Sinn, als ich während unseres Urlaubes auf Hallig Hooge gewesen bin. Dieses Lied gibt die Stimmung gut wieder, in die ich immer wieder verfalle, wenn ich mich in meiner flachen Heimat gerade mal wieder besonders wohl fühle. Oft schon kam mir gerade dieses Lied auch beim Laufen auf meiner Hausstrecke ins Gedächtnis.

Ich habe viel gegoogelt um den Text herauszufinden. Es ist mir nicht geglückt. So habe ich mir das Lied bei Simfy einige Male angehört und den Text mitgeschrieben. Da ich leider des Plattdeutschen in Wort und Schrift nicht komplett fließend mächtig bin, mögen sich der ein oder andere Fehler eingeschlichen haben. Trotzdem möchte ich den Text hier gerne mal zum Besten geben:

„Ick drink op di, mien flachet Land. Wi beid sind uns so goot bekannt. Wi beide kenn uns a lang Tied und sünd uns in so Välen glick.

So männigmol wärn wi in Not, so manche Storm hett uns bedroht. Doch Wind und Wedder, Rägen und Storm, noch könnt wi dat utholen.

Ick häf di sehn in schönste Grön, wenn Gras hoch steiht und Blomen blöhn, ick häf di sehn mit kohle Bööm und bist du witt, is even so schön.

Ick drink op di, mien flachet Land, wi beide sind so neeg verwandt und mut ick denn mol von di goon, so blieven wi doch tosoom.

Ick möcht ok nie woanners läben, denn annerswo bin ick alleen. Ick will hier blieven, hier dicht bi di. Bi di föhl ick mi free.

Ick drink op di, mien flachet Land, warn wi ok öller mit de Johren, so bliem wi doch de Kinner.

Ick drink op di, mien flachet Land, wi beide sind so neeg verwandt und mut ich denn mal von di gohn so blieven wi doch tosoom“

Hier die Übersetzung für alle, die des Plattdeutschen nicht mächtig sind:

„Ich trink auf Dich, mein flaches Land, wir beide sind uns gut bekannt. Wir beide kennen uns eine lange Zeit und sind uns in so Vielen gleich.

So manchesmal waren wir in Not, so mancher Sturm hat uns bedroht. Doch Wind und Wetter, Regen und Sturm, noch können wir das aushalten.

Ich hab dich gesehen im schönsten Grün, wenn das Gras hoch steht und die Blumen Blühen, ich hab dich gesehen mit kahlen Bäumen und bist du weiß, ist es eben so schön.

Ich trink auf dich, mein flaches Land, wir beide sind so nah verwandt und muß ich denn mal von dir gehen, so bleiben wir doch zusammen.

Ick möchte auch nie woanders leben, denn anderswo bin ich allein. Ich will hier bleiben, hier dicht bei dir. Bei dir fühl ich mich frei.

Ich trink auf dich, mein flaches Land, werden wir auch älter mit den Jahren, so bleiben wir doch die Kinder.

Ich trink auf dich, mein flaches Land, wir beide sind so nah verwandt und muß ich denn mal von dir gehen, so bleiben wir doch zusammen.“

Dieses Lied ist zwar etwas melancholisch, aber das paßt ganz gut zu unserer weiten Landschaft, die ich mir schon so oft erlaufen habe und es auch bald wieder werde. Wer Simfy kennt kann sich das Lied ja gerne mal anhören. Es ist im Internet sonst nicht zu finden und ich habe es selber nur auf einer uralten Kassette.

Hallig Hooge

Hallig Hooge

So schön es auch anderorts sein mag und so sehr man die Abwechselung auch mal braucht, so möchte ich doch nur hier leben. Das flache Land mit seiner Weite, dem besonderen Licht, dem hohen Himmel, dem beständigen Wind. Hier bin ich zuhause.

Um Oldenburg

Um Oldenburg

Um Oldenburg

Einmal ein etwas anderer Artikel in der neuen Rubrik „Gedankenwelten“ Hier werde ich in Zukunft mal das ein oder andere zum Besten geben, was nicht primär im Zusammenhang mit dem Laufen steht. Ich hoffe es gefällt.